Ein nach der Fertigstellung eines Einfamilienhauses durchgeführter Anbau von Balkonen stellt in der Praxis einen seltenen Ausnahmefall dar. Hier ist eine wesentlich einfacher zu realisierende Alternative der nachträgliche Terrassenbau mit einem Freisitz. Bei einem Mehrfamilienhaus ist der Fall aber anders gelagert. Regelmäßig erfolgt in diesem Fall der Anbau zu Zwecken der Wohnraumerweiterung (Vergrößerung der Außenwohnfläche) mit dem hiermit korrespondierenden Ziel der Wohnwertsteigerung. Vor diesem Hintergrund ist der Balkonneubau insbesondere im Kontext der Wohnraumvermietung relevant, da sich hierdurch die Nettomiete erhöhen lässt (Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahme i.S.d. § 559 Abs. 1 BGB; siehe bspw. Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. August 2016; Az. 65 S 108/16).
Es empfiehlt sich, den Balkonanbau im Zuge der Fassadensanierung durchzuführen
Das Vorhaben eines Balkonanbaus ist regelmäßig mit nicht unerheblichen Unwägbarkeiten verbunden, die i.d.R. eine fundierte Planung und Expertise (ggf. sogar Hilfe entsprechender Experten wie bspw. Baujuristen oder Architekten) erfordern. Insbesondere aus ökonomischen aber auch aus Gründen der Bequemlichkeit empfiehlt es sich, einen geplanten Balkonanbau bspw. während einer energetischen Fassadensanierung durchzuführen, da in diesem Fall die Gerüstkosten sowie hiermit verbundene Unannehmlichkeiten (insb. Luft- und Lärmbeeinträchtigungen) nicht zweimal geleistet bzw. erduldet werden müssen.
Zugleich bietet dies den Vorteil, dass beide Ausführungen aus „einem Guss“ erfolgen und entsprechend aufeinander abgestimmt werden können (insb. fachgerechte Balkonanschlüsse an eine wärmgedämmte Fassade). Für den Fall, dass das Gebäude bereits über Balkone verfügt, können im Zuge einer energetischen Fassadensanierung die bereits bestehenden Balkone rückgebaut, potenzielle Wärmebrücken ausgemerzt und im Anschluss wärmetechnisch optimierte Balkone in die Fassade integriert werden. Dies hat zudem den positiven Nebeneffekt, dass hierdurch die technische Nutzungsdauer erheblich gesteigert werden kann. Dies ist bei einer reinen Balkonsanierung nicht gegeben und damit ist diese Vorgehensweise auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu präferieren. Bei selbsttragenden Balkonen ist dieser Aspekt aber regelmäßig nicht entscheidungsrelevant, da bei der Installation die Dämmung nicht durchbrochen werden muss.
Schritt 1: Rechtliche Bedingungen abklären
Regelmäßig sind in Deutschland von Eigentümern geplante Bauvorhaben genehmigungspflichtig (öffentlich-rechtliche Baugenehmigung). Eine Ausnahme von dieser Regelung bilden sog. verfahrensfreie Bauvorhaben wie bspw. eine Terrassenüberdachung im Innenbereich mit bis zu 30 m2 Grundfläche oder die Errichtung eines Garten- und Gewächshauses (z.B. in Baden-Württemberg; siehe verfahrensfreie Bauvorhaben in Baden-Württemberg unter folgender URL: https://tinyurl.com/y78afj32).
Zur Abklärung der baurechtlichen Bedingungen ist es notwendig, die im jeweiligen Bundesland gültige Landesbauordnung (LBO) sowie ggf. den örtlichen Bebauungsplan oder kommunale Verordnungen zu konsultieren, um die rechtlichen Bedingungen (z.B. Einhaltung der Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken) einzuhalten und die Baugenehmigung für den geplanten Anbau zu erhalten (Einholung der öffentlich-rechtlichen Baugenehmigung).
Zudem ist die erstmalige Anbringung eines Balkons (Balkonneubau) in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) in einem Mehrfamilienhaus i.d.R. eine bauliche Veränderung, die einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft voraussetzt (Einholung der zivilrechtlichen Zustimmung). Im schlimmsten Fall droht selbst bei Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben der Rückbau des Balkons.
Schließlich kann sich auch der Mieter im Fall einer für ihn entstehenden Härte gegen einen Balkonanbau rechtlich wehren, was insbesondere durch die Unzumutbarkeit (Lärm, Schmutz etc.), mangelnde Verbesserung des Wohnwerts, Zerstörung von Mietereinbauten oder eine unzumutbare Mieterhöhung begründet wird, was sich im Wesentlichen aus § 555d Abs. 2 BGB ergibt.
Die rechtlichen Hürden sind somit für einen Balkonneubau relativ hoch und können auch am Vorbehalt der Miteigentümer bzw. des Mieters scheitern. Aus diesem Grund empfiehlt es sich bereits im Vorfeld mit allen betroffenen Parteien ein klärendes Gespräch zu suchen.
Schritt 2: Nutzungsverhalten abklären
Bei Balkonen ist die architektonische Frage nach der Ausrichtung nutzungsentscheidend. Üblicherweise wird der Balkon an einer Stelle installiert, die einen Zugang über Gemeinschaftsräume (z.B. Küche oder Wohnzimmer) ermöglicht. Da eine Nutzung der Räume aber nicht zwingend mit dem ursprünglichen Aufteilungsplan der Wohnung übereinstimmen muss, ist dies mit dem Mieter der Wohnung abzuklären. Zudem sind bei einer Mietwohnung auch die Nutzungsgewohnheiten der Mieter zu berücksichtigen. Wird der Balkon überwiegend mittags zum Sonnenbad genutzt, ist eine Südausrichtung empfehlenswert, wohingegen bei einer primären Nutzung in den Abendstunden eine Westenausrichtung einen höheren Wohnwert bedeutet. Präferiert der Balkonnutzer Ruhe und Entspannung, sollte der Balkonanbau auf einer der Straße abgewandten Seite durchgeführt werden.
Schritt 3: Die Dimensionierung des Balkons planen
Damit ein Balkon ausreichend Platz bietet, sollte dieser rund 5 m lang und zwei bis zweieinhalb Meter breit sein. Nur bei diesen Abmessungen kann gewährleistet werden, dass Möbel (Tisch, Stühle und Sonnenschirm sowie mögliche Geräte wie bspw. ein Grill) mit ausreichend Laufbreiten gestellt werden können. Der Zugang zum Balkon sollte in etwas den Abmessungen einer handelsüblichen Zimmertüre entsprechen. Regelmäßig sind hierfür bereits bestehende Fenster sehr gut geeignet, um diese zu einer Balkontüre umzubauen.
Schritt 4: Wahl der Konstruktionsweise
Es gibt grundsätzlich zwei Konstruktionsformen bei einem Balkonanbau. Dies sind selbsttragende Vorstellbalkone (auch Vorsatz- oder Steh-Balkone) oder vom Mauerwerk getragene Anbaubalkone (auch Kragarm- oder Vor-/Hänge-Balkone).
Bei selbsttragenden Vorstellbalkonen wird eine Bodenplatte auf vier Stützpfeiler montiert, wodurch eine autarke Standsicherheit gewährleistet wird. Die Konstruktion ist damit vom eigentlichen Haus architektonisch unabhängig. Bei einem Anbaubalkon wird eine Bodenplatte mittels Stahlträgern in das Mauerwerk verankert. Bei Anbaubalkonen muss gewährleistet sein, dass das Gebäude die entstehende Last statisch tragen kann.
Grundsätzlich sind beide Konstruktionsformen ein- oder mehrgeschossig ausführbar.
Schritt 5: Wahl des Materials
Die zur Auswahl stehenden Materialien sind Holz, Aluminium und Stahl sowie eine Kombinationen der vorstehend genannten Materialen mit Beton.