Die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche bestimmt sich zunächst in erster Linie nach dem Willen der Mietvertragsparteien. Insofern können die Vertragspartner eigenständig nach dem Grundsatz der Privatautonomie alle denkbaren Berechnungsmaßstäbe für Wohnflächenberechnung vertraglich vereinbaren. Dies wurde in einem Urteil durch das Amtsgericht München bestätigt (Urteil des Amtsgerichts München vom 06.09.2018; Az.: 411 C 19356/17). Vorausgegangen war ein Streit über die berücksichtigungsfähigen Räume, die zur mietvertraglich vereinbarten Wohnfläche hinzugerechnet werden dürfen (Hobbyraum im Keller und Dachgeschossstudio).
Sachverhalt des Falls (Tatbestand)
Die beklagte Partei (Mieter) mietete Ende des Jahres 2010 für insgesamt 2.255 € Warmmiete ein Einfamilienhaus von der Klagepartei (Vermieter). Im Mietvertrag wurde hinsichtlich der Wohnfläche folgendes vereinbart: „Zur Benutzung als Wohnraum wird das EFH […] vermietet. […]. Die Wohnfläche wird mit ca. 210 m² vereinbart. “ (siehe Rdnr. 4, Volltext des Urteils abrufbar unter URL: .
In dem im Internet publizierten Angebot (u.a. bei ImmobilienScout24 veröffentlicht) wurde das Haus wie folgt beworben: „7 Zimmer, 210 m² Wohnfläche„. In der diesbezüglichen Objektbeschreibung wurde u.a. Folgendes aufgeführt: „großräumiges ausgebautes Dachstudio mit Bad; großer Hobbyraum im Keller“ (Rdnr. 5). Für die beiden beschriebenen Räume (Studio und Hobbyraum im Keller) waren Fotos online einsehbar.
Mit einem auf den 16.01.2017 datierten Schreiben verlangte der Kläger (Vermieter) die Zustimmung zu einer Mieterhöhung unter Verweis auf vier Vergleichsmieten nach 558b BGB (Rdnr. 6).
In Zuge der Überprüfung der Zulässigkeit der Mieterhöhung stellten die Beklagten (Mieter) fest, dass die effektive Wohnfläche lediglich 173,5 m² betragen würde. Die Beklagten (Mieter) argumentierten daraufhin, dass sie demzufolge als Mietzins bereits die ortsübliche Miete zahlen würden. Aus diesem Grund wurde die Mieterhöhung abgelehnt (Rdnr. 7). Mit Schreiben vom 01.06.2017 kündigten die Beklagten (Mieter) eine Mietminderung ab Juli 2017 i.h.V. jeweils 700 € an (Rdnr. 8), die in den Monaten Juli, August und September umgesetzt wurde (Rdnr. 9). In der Folge versuchte der Kläger (Vermieter) mittels Mahnung und Kündigungsandrohung die Mieter zum Einlenken zu bewegen. Als nächsten Schritt kündigte die Klagepartei (Vermieter) das Mietverhältnis per Schreiben vom 15. Dezember 2017 fristlos (Rdnr.10 bis 12).
Dachgeschoss u. beheizter Hobbyraum zählen nach Argumentation des Vermieters zum Wohnraum
Laut dem Vermieter sei die Wohnfläche mit 210 m² korrekt angegeben (Rdnr. 18), da bereits zum Zeitpunkt der Vertragsanbahnung mit dem Ziel des Vertragsabschlusses (i.S.d. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) den Beklagten klar gewesen sei, dass das EFH über ein ausgebautes Dachgeschoss sowie über einen beheizten Hobbyraum verfügen würde. Insofern seien diese Räumlichkeiten als Wohnraum zu klassifizieren (Rdnr. 19). Dies sei ebenfalls aus der Internetannonce erkennbar gewesen (Rdnr. 20). Zudem hätte eine Besichtigung des Hauses durch die Beklagten (Mieter) stattgefunden. Im Zuge dieser Besichtigung sei exakt besprochen worden, was alles zur Wohnfläche zählen würde. Darüber hinaus teilte der Beklagte (Mieter) im Rahmen der Selbstauskunft mit, dass er Architekt sei, wodurch er aufgrund seiner Expertise in der Lage wäre, die Wohnfläche richtig einzuschätzen (Rdnr. 21).
Rechtsauffassung der beklagten Partei
Die beklagte Partei (Mieter) ist der Ansicht, dass es nicht der Einschätzung des Vermieters obliege, was zur Wohnfläche zu rechnen sei und was nicht (Rdnr. 53). Auch aus der dem Mietvertrag beigefügten Grundrissaufstellung sei nicht abschließend ersichtlich, was der vereinbarten Mietfläche zuzurechnen sei (Rdnr. 54). Es fehle demzufolge an einer eindeutig definierten und vereinbarten Mietfläche zwischen den Mietvertragsparteien. Insofern kämen alternativ die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung (Rdnr. 56). In diesem Fall wären dies die Wohnflächenverordnung und die Bayrische Bauordnung (BayBO). Bezugnehmend auf diese Rechtsvorschriften würde die tatsächliche Mietfläche lediglich 138 m² betragen, was rund 35 Prozent geringer als die vereinbarte Mietfläche von 210 m² wäre (Rdnr. 57). Im Zuge der Widerklage verlangte der Mieter die Rückzahlung von 55.000 Euro an zu viel gezahlter Miete (Rdnr. 69).
Urteil und Urteilsbegründung
Das Amtsgericht entschied zu Gunsten des Klägers. Im Wesentlichen sei dies dadurch begründet, dass der Ausdruck Wohnfläche nicht allgemein definiert sei und somit der Auslegung bedürfe (Rdnr. 89). Es stünde den Vertragsparteien nach dem Grundsatz der Privatautonomie frei, sämtliche denkbaren Berechnungsmaßstäbe zu vereinbaren. Auch dürften sie hierbei Flächen berücksichtigen, die nach der Wohnflächenverordnung (WoFIV) nicht berücksichtigungsfähig sind (Rdnr. 93). Dies gelte auch für die Vereinbarung über die Zuordnung von Räumen zu Wohnzwecken. Diese Räume (im vorliegenden Fall Hobbyraum und Dachstudio) sind somit der Wohnfläche zuzurechnen, auch wenn diese laut dem öffentlichen Baurecht nicht zur Wohnfläche zählen (Rdnr. 95).
Auch sei es ohne Expertise im Zuge der Inaugenscheinnahme möglich festzustellen, dass die Wohnfläche nur unter Zugrundelegung der Flächen von Erd- und Obergeschoss keiner Gesamtwohnfläche von 210 m² entsprächen („ins Auge springend“). Insofern war es für die beklagte Partei offensichtlich, dass sich die Flächenangabe nicht nur auf die Räume im Erd- und Obergeschoss beziehen konnten (Rdnr. 99).
Grundsätzlich sei es einem Mieter nicht zumutbar, dass er die Wohnfläche zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nachmesse, allerdings sei eine derart gravierende Abweichung augenfällig („…ins Auge springen muss“), wodurch eine konkludente Vereinbarung (aufgrund schlüssigen Handelns) zu unterstellen sei, wonach der Hobbyraum im Keller und das Dachstudio im Obergeschoss den Wohnräumen zuzurechnen sind (Rdnr. 104). Aus diesen Gründen hatten die Beklagten (Mieter) kein Recht zur Mietminderung (Rdnr. 107). Die Mietrückstände i.H.v. 6.610 € (Mietminderung i.H.v. 2.100,00 € und zwei rückständige Mieten i.H.v. 4.510 €) müssen von den Mietern bezahlt werden (Rdnr. 113 u. Rdnr. 116). Außerdem sie sind zur Räumung sowie Herausgabe der Mietsache verpflichtet (Rdnr. 118).