Im Zuge einer anstehenden Immobilienveräußerung gilt es zu klären, welcher erzielbare Preis für die Immobilie angesetzt werden kann. Zwar kennt der Veräußerer die historischen Anschaffungskosten, allerdings ist der aktuelle Wert ohne Immobilienbewertung oftmals nur schwer abschätzbar. Diese ermöglicht es, den sogenannten Verkehrswert (auch Marktwert) bestimmen zu können. In diesem Zusammenhang ist wissenswert, wie dieser funktioniert und ob sich dieser durch den Eigentümer selbst berechnen lässt.

1. Aussagegehalt des Verkehrswerts

Der Verkehrswert Ihrer Immobilie (engl. Market Value) ist der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr voraussichtlich am Markt durchsetzbare Verkaufspreis. Die Immobilienwertermittlungsverordnung bietet wichtige Orientierung zur Berechnung des Verkehrswertes.

Eine Definition des Verkehrswertes findet sich in § 194 Baugesetzbuches (BauGB). Diese lautet wie folgt:

§ 194 Baugesetzbuch (BauBG):

„Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“

§

Der Verkehrswert ist demzufolge eine Schätzgröße, die sich für das zu verkaufende Grundstück unter aktuellen Marktbedingungen vermutlich erzielen lässt. Bei der Ermittlung Verkehrswertes werden Lage, Größe, Schnitt und eventuelle Belastungen des Objektes berücksichtigt. Der Verkehrswert bildet sowohl für Kauf- bzw. Verkauf die zentrale Basis. Sofern der Eigentümer den Verkehrswert nicht kennt, besteht das Risiko, dass kein marktkonformer Preis erzielt wird (z.B. Verkauf unter Wert). Die Erstellung eines Wertgutachtens erfolgt stets stichtagsbezogen. Aus diesem Grund ist es nicht erforderlich, bei eventuellen Wertschwankungen des Immobilienmarktes, einen neuen Verkehrswert ermitteln zu müssen.

2. Bestimmungsgrößen des Verkehrswerts

Für die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens ist es erforderlich, unterschiedliche Kriterien in die Bewertung einfließen zu lassen. Dementsprechend muss der Immobiliengutachter Lage, Fläche, Größe und Beschaffenheit der Immobilie in die Wertermittlung integrieren. Zu den bewertungsrelevanten Faktoren zählen beispielsweise die infrastrukturelle Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die medizinische Versorgung aber auch Bildungseinrichtungen (z.B. Kindergärten, Schulen etc.) für die Nachkommen usw. Des Weiteren sind auch die Grundbucheinträge für den Verkehrswert relevant. So zählen beispielsweise mögliche im Grundbuch vermerkte Altlasten zu den Eigenschaften der Immobilie und wirken sich regelmäßig wertmindernd aus.

3. Bestimmung des Verkehrswerts

Der Verkehrswert wird üblicherweise von Maklern oder Gutachtern ermittelt. Aufgrund des unmittelbaren Marktbezugs des Verkehrswertes (am Markt erzielbarer Verkaufspreis),  darf die Verkehrswertermittlung nicht routinemäßig durchgeführt werden. Hieraus folgt, dass ein Verkehrswertgutachten stets auf Grundlage momentaner Marktbedingungen zu erstellen ist. Angebot und Nachfrage sind hierbei indirekt einbezogene Faktoren.
Die Wertermittlung wird in der Praxis mittels den drei nachfolgend aufgezählten Verfahren realisiert: Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren und Vergleichswertverfahren.

 

3.1 Verkehrswertbestimmung mittels des Ertragswertverfahrens

Das Ertragswertverfahren berechnet sich anhand des zukünftig zu erzielenden Ertrags. Demzufolge ist das Ertragswertverfahren für Gewerbeimmobilien besonders geeignet. Das Ertragswertverfahren besteht aus dem Bodenverkehrswert und dem Gebäudeertragswert. Hierunter subsumieren sich Instandhaltungskosten, Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten für Grundstück und Gebäude. Es ist ratsam, beim Ertragswertverfahren mit Sachverständigen zusammenzuarbeiten, da dieses höchst komplex und umfangreich ist.

 

  • Jahresrohertrag: In einem ersten Schritt wird der sog. Jahresrohertrag ermittelt.
    Der Jahresrohertrag umfasst die komplette Jahresmiete ohne Nebenkosten. Dieser Wert wird anschließend mit dem prozentualen Anteil der Betriebskosten multipliziert. Das Ergebnis ist dann vom Jahresrohertrag abzuziehen, um den sog. Jahresreinertrag zu erhalten.
  • Bodenwertverzinsungsbetrag: Als nächstes wird der Bodenwertverzinsungsbetrag bestimmt. Rechnerisch handelt es sich hierbei um das Produkt aus Liegenschaftszins und Bodenwert. Dieser Bodenwertverzinsungsbetrag ist vom Jahresreinertrag in Abzug zu bringen.
  • Ertragswert: Mittels der vorstehenden Berechnung wird der (jährliche) Ertragswert berechnet, der abschließend wiederum mit dem Vervielfältiger multipliziert wird. Der hieraus resultierende Gebäudeertragswert ist schließlich um den Betrag potenzieller Bauschäden zu verringern. Abschließend wird der Verkehrswert des Bodens hinzugezählt.

 

Rechenweg Rechenoperation Ergebnis
Jahresrohertrag ermitteln 500m² x 9 € x 12 Monate = 54.000 €
Jahresrohertrag x Betriebskosten 54.000 € x 0,20 = 10.800 €
Jahresrohertrag – Betriebskosten 54.000 € – 10.800 € = 43.200 €
Jahresreinertrag = 43.200 €
Rechenweg Rechenoperation Ergebnis
Liegenschaftszins x Bodenwert 0,06 x 120.000 € = 7.200 €
Bodenwertverzinsungsbetrag = 7.200 €
Jahresreinertrag – Bodenwertverz. 37.800 € – 7.000 € = 36.000 €
Ertragswert = 36.000 €

 

Rechenweg Rechenoperation Ergebnis
Ertragswert x Vervielfältiger 36.000€ x 20,00 = 720.000 €
Gebäudeertragswert: = 720.000 €
Gebäudeertrg. – Bauschäden 720.000 € – 20.000 € = 700.000 €
Ertragswert vorl. + Bodenwert 700.000 € + 120.000 € = 820.000 €
Ertragswert gesamt = 820.000 €

 

 

3.2 Verkehrswertbestimmung mittels des Vergleichswertverfahrens

Beim Vergleichswertverfahren wird der Verkehrswert mittels des namensgebenden Vergleichs bestimmt. Das Vergleichswertverfahren ist für eigengenutzte Immobilien prädestiniert (z.B. Ein- oder Mehrfamilienhäuser). Bei der Wertbestimmung wird die zu bewertende Immobilie mit vergleichbaren Objekten hinsichtlich Lage, Größe, Beschaffenheit und Zustand verglichen. Hierzu werden beim Vergleichswertverfahren die folgenden Schritte durchgeführt:

  • Der realisierte Kaufpreis des Vergleichsobjektes wird durch dessen Fläche dividiert.
  • Die Fläche des Bewertungsobjektes wird dann mit dem ermittelten Preis multipliziert.

 

Dieser Vorgang wird gewöhnlich mit einer Vielzahl von Vergleichsobjekten wiederholt. Nachfolgend wird der Verkehrswert der Immobilie mittels des Vergleichswertverfahrens ermittelt:

 

Formel Berechnung Resultat
Kaufpreis (Vergleichsobjekt) / Fläche 320.000 € / 160 m² = 2.000 €
Summe x Fläche (Bewertungsobjekt) 2.000 € x 160 m² = 320.000 €
Vergleichswert gesamt = 320.000 €

 

3.3 Verkehrswertbestimmung mittels des Sachwertverfahrens

Das Sachwertverfahren wird bei vermieteten und leerstehenden Immobilien angewendet. Zunächst wird der Bodenverkehrswert anhand der Bodenrichtwerte festgelegt und hieran anschließend der Gebäudesachwert. Dieser bestimmt sich aus den Gebäudeherstellungskosten vermindert um potenzielle Alterswertminderungen. Daraufhin werden Boden- und Gebäudesachwert addiert, wodurch man den vorläufigen Immobilienwert erhält, der schließlich mit dem Sachwertfaktor zu multiplizieren ist. Anhand des Sachwertverfahrens wird bestimmt, wie viel ein Neubau der zu analysierenden Immobilie kosten würde. Die Wertbestimmung mithilfe des Sachwertverfahrens wird anhand eines einfachen Beispiels illustriert:

 

Rechenweg Rechenoperation Ergebnis
Gebäudesachwert + Bodenwert 260.000€ + 90.000 € = 350.000 €
Vorläufiger Sachwert x Sachwertfaktor 350.000€ x 0,9 = 315.000 €
Sachwert gesamt = 315.000 €

4. Fachkundige Hilfe bei der Verkehrswertermittlung

Die vorstehend vorgestellten Verfahren ermöglichen es, den Verkehrswert professionell ermitteln zu können. Es ist jedoch empfehlenswert, fachkundige Hilfe unabhängiger Sachverständiger bei der Wertermittlung in Anspruch zu nehmen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, ob der Verkehrswert mittels eines Voll- bzw. Kurzgutachtens ermittelt wurde. Für den Fall rechtlich bedingter Bewertungsanlässe ist ein Vollgutachten unentbehrlich. Für den Hausverkauf reicht regelmäßig ein Kurzgutachten aus.
Alternativ können Sie eine kostenlose Immobilienbewertung online veranlassen. Sie ist unverbindlich, diskret und schnell. Anhand von Echtzeitdaten aus der Immobilienmarktforschung erhalten Sie so in nur wenigen Minuten eine erste fundierte Einschätzung zum Wert Ihres Objektes. Diese können Sie für weitere Schritte im Vermarktungsprozess nutzen.
Ob unbebautes Grundstück, vermietete Immobilie, wohnwirtschaftlich oder gewerblich genutzt. Gäu Immobilien unterstützt Sie gerne fallbezogen mithilfe verschiedener Verfahren, den Wert Ihrer Immobilie zu ermitteln.